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Ausgewählte Beiträge aus dem Satire-Magazin DER METZGER


Jakop Heinn

SPD. Wie man‘s macht


(Der Metzger Nr. 128, November 2018)


Wo immer gewählt wird in dieser Zeit, ob in Bayern oder in Skandinavien, ob in Brasilien oder in den USA, in Österreich oder in Italien: Überall ist die Demokratie auf dem Rückzug, die ganz normale bürgerliche repräsentative liberale Demokratie westlichen Zuschnitts, die bald zu den Dingen gehören könnte, die man vermißt, wenn sie verloren gegangen sind. Wie hat man sie kritisiert, verworfen, verhöhnt, als Herrschaftsform des Kapitals entlarvt, ohne darüber nachzudenken, daß ihr Zusammenbruch – oder ihr rapides Dahinsiechen nicht dem Fortschritt, sondern der Reaktion den Weg freimacht.

Diese Tendenz setzt sich mit der Landtagswahl in Hessen fort (am 28. Oktober 2018). Das genaue Ergebnis kennen Sie, wenn Sie diesen Artikel lesen, der am Vorabend der Wahl geschrieben wird. Viel wird nicht zu revidieren sein.

Die CDU wird über ihren Niedergang hinweggetröstet damit, daß sie dann immer noch die größte bleibt (knapp vor den Grünen), und daß der Niedergang der SPD noch dramatischer ist (demnächst knapp über 5 Prozent).

Früher konnte die SPD schlimmstenfalls Zwoter werden. In nächster Zeit wird sie vielleicht nicht nur der CDU und den Grünen, sondern auch der Partei von Alexander Vogelscheiße-Gauland den Vortritt lassen müssen.

Dann wackelt in Berlin die Groko („Große“ Koalition). In der SPD wird gemurrt: Sich für die Groko zu entscheiden war falsch. „Die Groko macht uns kaputt.“

Das stimmt ja auch. Aber jetzt aus der Groko auszusteigen würde Neuwahl bedeuten. In der Groko wären für die SPD ihre 20,5 Prozent der letzten Bundestagswahl 2017 bis zum Ende der Wahlperiode noch gültig, und erst 2021 wird sie weiter dezimiert. Bei Neuwahlen würde das dicke Ende für sie jetzt schon kommen.

Früher wurden in der SPD Entscheidungen von oben angeordnet. Aber die sind inzwischen so, daß sie die Basis abstimmen lassen. Und dann würde das passieren, was gerade noch gefehlt hat: Ein eindeutiges Ergebnis von 51 Prozent für den Ausstieg aus der Groko, wobei sehr viele aus diesen 51 Prozent insgeheim hoffen, daß die anderen die Mehrheit sind. Der ewige Sozialdemokrat hat Angst vor der eigenen Courage.

Die Linke war nie so dringend gebraucht wie jetzt und war nie so schwach wie jetzt.

Groko drinbleiben oder rausgehen ist nicht die entscheidende Frage. Die SPD hat immer noch nicht kapiert, daß es ihr gar nichts nützt, dauernd die Parteispitze auszuwechseln und dann zu meinen: Jetzt aber!

Der Niedergang der SPD ist unverdient, weil er nicht auf Analyse und Kritik beruht, sondern auf Unverstand. Was hat man sich nicht alles von früheren Bundesregierungen zumuten lassen! Waren die etwa weniger schlecht als die jetzige?

Was der SPD von den Unmut-Bürgern vorgeworfen wird, ist das, was an ihr noch irgendwie fortschrittlich ist. Sollte die SPD es schaffen, die Renten zu verdoppeln, würden die Rentner sich weiterhin von ihr entfernen, weil „die da oben“ ihnen „das Geld aus der Tasche ziehen“, und sie würden sich noch weiter der Vogelscheiß-Partei zuwenden, die mit einen neoliberalen Wirtschaftsprogramm aufwartet.

Der Niedergang der Volksparteien ist darum nicht so gut, weil der so entstehende Hohlraum von denen, na Sie wissen schon aufgefüllt wird.

Ist der Siegeszug der Grünen ein Trost in dieser ganzen Misere? Je größer die werden, desto pragmatischer, „realpolitischer“ werden sie.

Und die Linke (ob in Gestalt der Linkspartei oder überhaupt)? Nie wäre sie dringender gebraucht als jetzt; und nie war sie so schwach wie jetzt: desorientiert, uninformiert, schwadronierend-ratlos und mit ihren Querfront-Sperenzchen von allen guten Geistern verlassen.

Wie also Schaden begrenzen?

Die SPD nicht zu wählen ist in dieser Lage verkehrt.

Aber die SPD zu wählen ist sowieso verkehrt.